Die eigenen Eier
Nun sind wir fast am Ende der diesjährigen Seitentriebe-Workshops angekommen. Dieses Mal soll es um artgerechte Hühnerhaltung gehen.
Von der Hubertusstraße in den Trachauer Heideweg einbiegend ist von Ferne schon der Hahn zu hören. Nicht mehr weit bis zum Ziel!
Es ist ein lauer Herbsttag, der Regen hatte sich weitestgehend verzogen. Wir finden uns am frühen Nachmittag im Trachauer Heinrichsgarten ein und entdecken zwischen den auffallend positionierten Bienentürmen einige bekannte Gesichter, die auch schon früheren Workshops der Seitentriebe-Veranstaltungsreihe beiwohnten. Auch aus dem schönen Thüringen kam ein Workshopteilnehmer angereist.
Weiter hinten im Garten – ein lang gezogenes streuobstwiesenartiges Fleckchen Erde von etwa 2000m² – putteln die ausgesprochen hübschen Hühner zwischen Buschwerk und Bienentürmen herum.
Hierhin haben uns Alexander und Katharina eingeladen, um Alexanders Ausführungen zur artgerechten Hühnerhaltung zu hören, Fragen an die beiden zu stellen und im Anschluss daran auch tatkräftig mit anzupacken.
Von Anfang an lauschen wir wie gebannt – die wenigsten haben eigene Hühner, höchstens zwei, drei halten gerade seit ein paar Monaten Hühner und sind noch mitten in der Lernphase.
Die Hühner im Heinrichsgarten sind Vorwerkhühner, erfahren wir, eine bedrohte Rasse der Hühner. Hier wird also neben artgerechter Haltung auch etwas für die Arterhaltung getan.
In lockerer Vortragsatmosphäre, in die auch immer wieder Fragen geworfen werden, erfahren wir etliche grundsätzliche Fakten zum Huhn. Wie beispielweise: Das buschwerkliebende Federtier legt als weibliches Exemplar ca. 180 Eier pro Jahr.
Im Heinrichsgarten leben drei Hennen vom Vorjahr, zwei diesjährige Junghennen und ein Hahn, der auch zugleich der Vater der Junghennen ist. Eine Gruppe sollte mindestens aus vier Hennen und (optional auch ohne) einen Hahn bestehen, hören wir.
Bei fünf Hennen werden pro Jahr um die 900 Eier gelegt – hmh, ganz schön viel! – dann hat man im Schnitt jeden zweiten Tag fünf Eier.
Der eineinhalbjährige Hahn ist auch bald reif für den Suppentopf. Alexander drückt es vornehm aus: Der Hahn muss getauscht werden. Er würde sonst seine Töchter begatten und dies wiederum zu Inzucht führen. Einige aus der Runde denken tatsächlich an einen Hahnentausch mit anderen Hühnerhaltern. Aber nein! – werden wir aufgeklärt: Ein junger Hahn muss her, der alte landet im Topf. Huhn als Nahrungsmittel.
Schluck …
Aber vor dem Tod kommt glücklicherweise das wunderschöne Leben:
Die Hühner leben im Heinrichsgarten auf einem mit einem Weidezaun umspannten Teil des Gartens. Sie teilen sich diesen Bereich, der von Büschen und Obstbäumen geprägt ist, mit etlichen Bienenvölkern.
In diesem Bereich steht auch der Stall, ein transportables Hühnerhaus, welches Alexander selbst gebaut hat. Am späten Nachmittag wird dies in gemeinschaftlicher Aktion in den neuen Bereich der Hühner bugsiert.
Seit dem Ende des letzten Winters leben die Hühner auf dieser Fläche, bekommen wir von Alexander zu hören. Der Bodenbewuchs ist bis auf die Erde unter den Stäuchern recht üppig. Wir sind erstaunt.
Auch muss der Stall für eine kleine Herde nicht sehr groß sein. Beim gemeinsamen Ausmisten des Stalles, welches im 4-wöchigen Rhythmus stattfindet, wird dieser von allen Seiten begutachtet. Fasziniert sind wir auch von der selbstschließenden Stalltüre, die programmiert werden kann. Insbesondere, aber nicht nur, in Urlaubszeiten ist die selbsttätig öffnende Stalltür eine sehr angenehme Unterstützung für die Urlaubsvertretung.
Der Weidezaun um den Bereich für die Hühner sorgt nicht nur dafür, daß die Hühner nicht stiften gehen, sondern hält auch Fuchs, Marder und Waschbär vom ungewünschten Stell-dich-ein mit den Hühnern ab.
Wer eine Runde um den Zaun dreht, stellt schnell fest, daß der Hahn der Runde folgt.
Der Hahn steht immer zwischen Dir und seinen Hennen, erklärt Alexander, der seine Kämpfe mit dem Hahn mit Hilfe eines Besens ausfocht. Die Rangordnung bei den Hühnern ist recht stark. Es kann nur einen Ranghöchsten geben, na klar. Wir erfahren von einer Freundin, die ihre Hühner ohne Hahn hält, was auch funktioniert: in diesem Falle nämlich übernimmt eine der Hennen den Platz des ranghöchsten Huhnes ein.
Bevor wir mit anpacken, um den Weidezaun umzustecken und den Stall in einen anderen Teil des Gartens zu schieben, wartet Katharina mit einem reich gedeckten Kaffeetisch auf: Apfelkuchen mit Streuseln aus eigenen Eieeeeern uuuund Butter.
Die eigenen Eier, schwärmt Alexander, sind das Beste. Nie wieder wollen er und seine Liebste andere Eier essen …
Infos zum Bau des mobilen Hühnerstall im Heinrichsgarten gibts hier.
Für Bild und Wort vielen Dank an Christiane Kupfer.
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