I love Kim Chi!
Ein Stadtgarten fast ohne Hochbeete! Die Beete sind ja direkt in der Erde – das habe ich bisher so noch nicht gesehen, zumindest nicht in Berlin, wo ich lange gelebt habe. Schon nachdem wir durch den schmalen Eingang in den vorderen Bereich des Gemeinschaftsgartens Johannstadt eingetreten sind, fühle ich mich sofort wohl. Ich sehe, dass hier richtig viele Menschen richtig viel Arbeit reingesteckt haben und den Besuchern ganz offensichtlich ein heimeliges Gefühl geben wollen. Auf dem eindrucksvoll geschwungenen Holztresen türmen sich heute köstlich aussehende und quietschbunte (!) Fermente in Gläsern und auf kleinen Naschtellern davor. Sebastian und Gregor haben eine Ahnung davon, wie sie uns Neugierigen das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen und haben schon vor unserer Ankunft eine Probiermeile aufgebaut.
Es ist Samstag, die Sonne schafft es immer wieder, zwischen den Wolken hervorzubrechen und um mich herum versammeln sich in der Mittagszeit ein Dutzend weitere Lernwillige, die mehr über die Kunst des Fermentierens erfahren möchten. Die beiden langjährigen Freunde & Kollegen Gregor und Sebastian, denen wir heute aufmerksam lauschen werden, sind Permakultur-Designer und haben in der Vergangenheit schon zahlreiche Fermentationsworkshops gegeben. Gerade stellen sie sich vor und berichten, wie in ihnen vor einiger Zeit die Frage aufkam, ob es tatsächlich nur energieaufwendige Methoden der Haltbarmachung von Lebensmitteln gäbe wie zum Beispiel Einfrieren, Trocknen, Einkochen und Pasteurisieren. Als sie dann immer mehr über die seit Tausenden von Jahren praktizierte Kunst des Fermentierens herausfanden, waren sie ganz angetan und probierten in ihren Wohnungen alle möglichen Variationen. Ihr Fazit: Unmengen an Gemüse kann mit wenig Aufwand haltbar gemacht werden. Und so stehen wir heute hier in Dresden und lauschen einer spannenden Einführung in die Welt der Fermentation, um uns im Anschluss an unterschiedlichen Schnippel-Stationen bestimmten Gemüsesorten zu widmen. Am Tresen zum Beispiel werden Rote Bete und Möhren in dünne Stifte geschnitten. Sie werden später mit Gewürzen verfeinert und mit Salzwasser aufgegossen (milchsaure Gärung). An einer anderen Station wird Weißkohl kleingeschnitten und anschließend mit den Händen geknetet, bis das Wasser nur noch so spritzt. In einer Schüssel mischen wir anschließend das Kraut mit roter Beete und in einer anderen mit Kurkuma. Habt Ihr schonmal oranges oder pinkes Sauerkraut gegessen? Als ich es vorhin zum ersten Mal in meinem Leben an der Probiermeile sah und kostete, war ich ganz hin und weg. Das muss ich wieder essen! An meiner persönlichen Lieblingsstation stellen wir Kimchi her: Wir vermischen zuerst die schon am Vortag kleingeschnittenen und gesalzenen zehn Kilo Chinakohl (vergiss nicht, das Salz auszuwaschen!) mit einer Art Teig aus warmem Wasser und Mehl. Wahrscheinlich erinnere ich mich jetzt nicht mehr an alle weiteren Zutaten, aber dabei waren auf jeden Fall (jeweils in rauen Mengen!): Ingwer, Knoblauch, Chilipulver, Möhren, Frühlingszwiebeln, Pfeffer, Rettich, Soyasauce, Miso, Salz. Wenn man alles richtig macht, kann hier schon nach zwei Wochen ein köstliches Kimchi entstehen. Länger aufbewahren geht immer – dann wird das Vergorene weicher und intensiver im Geschmack. Ich bezweifle allerdings, dass ich mein Kimchi-Glas, das jetzt in meiner Küche steht, lange stehenlassen kann.
Besonders glücklich war ich übrigens über den Büchertisch, auf dem wir die gesammelten Lieblingsbücher von Sebastian und Gregor durchforsten konnten, danke dafür! Überhaupt danke, dass ich jetzt die Scheu verloren habe, mich an das Fermentieren zu wagen. Der Beweis: Direkt nach meiner Ankunft zuhause habe ich aus ausgepressten Zitronenschalen Spülmittel angesetzt. Was es nicht alles gibt!
Vielen Dank an Sarah Franz für den tollen Bericht!
Vielen Dank an Gauthier Saillard für die leckeren Fotos!
[flickr_set id=“72157686423961801″ captions=“false“]