Mit dem Raketenherd in neue Welten
Der 31. September war ein sonniger Herbsttag im Gemeinschaftsgarten Johannstadt. Hier trafen wir uns in fröhlicher Runde zum fünften Workshop der Querstreben-Reihe. Heute ging es um den Bau eines Raketenherdes, wofür Jost aus dem Zukunftszentrum Nieklitz als Referent eingeladen war.
Nach einer Begrüßungsrunde starteten wir mit einem theoretischen Teil, in dem das Prinzip des Raketenherds (Rocket Stove) erläutert wurde. Auch auf den etwas komplizierteren Rocket Mass Heater wurde dabei eingegangen. Beiden Prinzipien ist gemein, dass sie durch einen langen Zug einen gerichteten Luftstrom erzeugen. Das sorgt erstens für eine fast restlose Verbrennung und zweitens dafür, dass die Hitze schnell am Topf ankommt. Im Ergebnis können beide schon mit kleinen Ästchen, also Reisig, funktionieren, welches man vielerorts einfach vom Boden aufsammeln kann. So ist es möglich, ressourcenschonend und ohne viel Aufwand zu kochen, zu backen, oder zu heizen.
Stationärer Raketen-Herd aus Backsteinen
Im praktischen Teil machten wir uns daran, einen Raketenherd für den Garten zu bauen. Hierfür nutzten wir 24 Kalksandsteine, einen halben Eimer Lehm, ein Lochblech, ein löcherloses Blech sowie eine halbe Holzpalette als Unterbau. Als Werkzeug dienten uns eine Flex mit Trennscheibe, ein Hammer, ein großer Pinsel (Quast), sowie eine Maurerkelle.
Als erstes halbierten wir zwei der Steine, indem wir sie mit der Flex anschnitten und dann mit dem Hammer in zwei Teile schlugen. Als weitere Vorbereitung mischten wir in einem Eimer den schon mit Sand durchmischten Lehm mit etwas Wasser zu einer streichfähigen Masse an. Auf der Holzpalette errichteten wir eine Grundfläche aus vier ganzen und einem halben Stein in der Mitte. Diese schützt die Palette vor Hitze und runterfallender Glut. Zum Abdichten und Verbinden der nächsten Steinreihe trugen wir eine Schicht Lehm auf. Damit die Steine eine Verbindung mit dem Lehm eingehen können, befeuchteten wir diese mit dem Quast. Die zweite Reihe bestand aus drei ganzen und einem halben Stein und ist die Ebene, durch welche später Luft für die Verbrennung in den Ofen gelangt. Auf die Steine wurde das Lochblech aufgelegt und mit dem Lehmputz befestigt. Hierauf wurde eine der zweiten Reihe identische Steinschicht aufgemauert. In dieser Ebene wird später das Brennholz eingelegt, welches durch das Lochblech von unten mit Luft versorgt wird. Es folgten drei weitere Reihen, bestehend aus jeweils vier Steinen. Diese bilden einen Kamin, auf dessen Oberseite gekocht werden kann. Der Ofen war nun im Prinzip schon fertig. Mit der Flex schnitten wir das löcherlose Blech zu einem Feuerschutz für die Palette zurecht und platzierten noch einen Ring an Steinen um den Ofen um noch offene Stellen der Palette zu bedecken. Auf diesem Ring platzierten wir zwei lose Steine, um später die Luftzufuhr verändern zu können. Ein zusätzliches Blech soll zukünftig noch am Bauwagen angebracht werden um diesen vor Hitze zu schützen.
Die Mittagszeit rückte näher und wir sammelten fix ein paar Ästchen zusammen um unseren Ofen das erste Mal einzuheizen. Nach kurzem Qualmen bahnten sich die Flammen ihren Weg im Kamin nach oben und erwärmten einen großen Topf voll Linseneintopf.
Portabler Raketen-Herd aus Blechdosen
Kaum aufgegessen machten sich schon die Ersten daran einen zweiten Ofen aus Blechdosen zu erdenken. Eine große Olivenöl-Dose diente als äußere Hülle und bekam im unteren Bereich ein großes Loch geflext. In dieses passt eine kleinere Dose, die als Feuerraum dient. Als Kamin wurden zwei Dosen in der großen Olivenöl-Dose gestapelt, wobei die untere auch ein Loch zum Hineinstecken der Feuerraum-Dose bekam. Zur Wärmeisolation und Fixierung wurde der Hohlraum zwischen der Olivenöl-Dose und den Kamin-Dosen mit Lehm aufgefüllt. (Um das Feuer darin noch effizienter und sauberer brennen zu lassen, könnte man noch mit einer Doppelwand arbeiten, in der Luft entlang strömt, die dann ganz oben in den Brennraum gelangt und dort hilft, die sich aus dem Holz lösenden Gase nachzuverbrennen. Das war uns aber für die kurze verbleibende Zeit erstmal zu kompliziert.)
Auch bei dieser transportablen Variante eines Rocket Stoves konnte wir den Praxistest kaum erwarten und setzten eine Kanne Tee mit Gartenkräutern auf. Während dieser vor sich hin kochte, wurde auf dem stationären Ofen noch eine Schicht Lehmputz aufgetragen. Schließlich ließen wir den Workshop bei einer warmen Tasse Tee gemütlich ausklingen.
Auch für Kinder machbar
Die mobile Variante brachte Gregor nach dem Workshop in einen Gemeinschaftsgarten in Strehlen. Dort passierte folgendes: „Ein paar Tage später kam Michas neunjährige Tochter und fragte mich, was das ist und wie es funktioniert. Sie hat sofort verstanden, dass, wenn man das ein bisschen kleiner baut, es ein guter Ersatz für den Campingkocher ist, auf dem das Nudeln-Kochen mit ihrer Mutter im Urlaub eine Stunde gedauert hat. Also hat sie mich gefragt, ob ich noch Dosen habe und welche Werkzeuge sie dafür bräuchte und hat angefangen, sich eine Mini-Version zu basteln. Danach hat sie drei Stunden lang gewerkelt und nicht geruht, bis er fertig war. Beim Ausprobieren hat sie dazu drauf bestanden, nicht nur irgendwas zu erhitzen, sondern die Energie tatasächlich auch für etwas Sinnvolles einzusetzen. :-D Super oder? Da habe ich mich jahrelang davor gedrückt, das selber auszuprobieren und auf den Workshop gewartet und sie fängt ohne zu Zögern an und es geht.“
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