Gärtnern geht ohne Worte
Ein Projekt des Netzwerkes „Willkommen in Löbtau“ mit jungen Asylsuchenden
Mittwochabend im Gemeinschaftsgarten „Bürgergarten Columbusstraße“… Gießkannen werden von der Wasserpumpe zu den Beeten getragen, auch zu dem kleinen Beet des Netzwerkes „Willkommen in Löbtau“. Dort wird gleichzeitig von mehreren Menschen unterschiedlicher Herkunft Unkraut gejätet, Minze geerntet, nebenbei werden Monatserdbeeren genascht. Es gedeihen Kartoffeln und verschiedene Kräuter, Stangenbohnen und Tomaten. Währenddessen gehen Anwohner spazieren oder sonnen sich auf der Gartenbank, Kinder spielen und Hobbygärtner aus der Nachbarschaft kümmern sich liebevoll um ihre Pflanzen.
Auf der seit Ende 2014 neu entstandenen Fläche an der Ecke Columbusstraße/Baluschekstraße in Löbtau ist eine gemütliche Freifläche entstanden, auf dem sich jeder wohl fühlen kann, auch unsere neuen Nachbarn aus Syrien, Marokko, Tunesien, Libyen, Eritrea, Afghanistan oder dem Irak.
Mittwochabend im Garten eines Hinterhofes in Löbtau… es herrscht ein buntes Treiben. Hier wird fruchtbare Erde gesiebt und von jahrelang angesammelten Müll getrennt. Dort entsteht gerade im Rekordtempo ein neues Beet neben dem großen Walnussbaum. Hinten sitzt jemand zwischen Kürbisranken und zupft Unkraut. Die letzten Zucchini werden geerntet. Gerade wird frisch gebrühter Minztee eingeschenkt.
Seit Mai dieses Jahres wird in dem Grundstück, das zu einer Kirchgemeinde gehört, im Rahmen eines Nutzungsvertrages zusammen gegärtnert. Das Gelände wird nach und nach gestaltet, bepflanzt und gepflegt. In enthusiastischer Handarbeit und mit größtenteils gespendeten Geräten wurden sechs Gemüsebeete angelegt und bepflanzt, eine Schaukel gebaut und ein kleines Sommerpicknick veranstaltet. Innerhalb weniger Wochen ist so aus einem vernachlässigten Teilgrundstück an gemütliches Refugium entstanden.
Zwischen Tomaten, Bohnen, Gurken, Paprika und Auberginen schwirren Wörter in Deutsch, Englisch, Arabisch, Italienisch und Französisch. So werden ganz nebenbei auch Vokabeln über Pflanzen oder alltägliche Dinge ausgetauscht. Das klappt zwar nicht immer auf Anhieb, aber zur Not helfen kleine Zeichnungen oder einfach Taten. Dabei kommt es auf die Sprache gar nicht so sehr an, denn die meisten Gartentätigkeiten sind selbsterklärend.
Gärtnern, Zeit sinnvoll verbringen, miteinander ins Gespräch kommen und dabei jede Menge Spaß haben – das verbindet die ehrenamtlichen Helfer des Netzwerkes und einige Bewohner aus dem Wohnheim an der Tharandter Straße oder anderen geflüchteten Menschen, die in der Umgebung eine neue oder vorübergehende Bleibe gefunden haben.
Selbstgebaute Gartenmöbel und Hochbeete aus recyceltem Holz kommen gerade zur Gartenausstattung hinzu, ebenso eine Rasenfläche, um nach getaner Arbeit auch im Garten entspannen zu können. Ein kleines Budget steht den Gärtnern dabei auch zur Verfügung, um Saatgut, Pflanzen und Arbeitsgeräte zu beschaffen.
Alle Mitgärtner haben Freude am gemeinsamen Schaffen. Sie sind froh, draußen im Grünen sein zu können und eine sinnvolle Beschäftigung als Abwechslung zu Behördengängen und dem bangen, verordneten Warten auf amtliche Briefe zu haben. Meistens sind es die Menschen aus dem Netzwerk, die zur üblichen Pause mit Beisammensitzen und Snacks rufen. Die Geflüchteten würden lieber weiterarbeiten, sich ausarbeiten und nützlich machen. Die gemeinsame Ernte gehört schließlich ihnen und sie freuen sich über die frischen Bohnen und Kräuter. Oft kommen sie auch darüber ins Schwärmen, welche Obst- und Gemüsesorten sie in ihrer Heimat liebten.
Mittwochabend, auf dem Weg zurück nach Hause…zwischen Löbtau und Gorbitz spielen auf einem Fußballplatz gerade Dresdener mit geflüchteten Jugendlichen zusammen Fußball. Eine Kurve weiter sitzen drei Kinder auf einem Spielplatz zusammen und reden, eines von ihnen wurde wahrscheinlich nicht hier geboren. So kann Integration aussehen. Und wenn schon keine Integration – denn viele geflüchtete Menschen sind auch auf der Durchreise – dann wenigstens Gastfreundschaft. Und Respekt.